China will den Markt für Schneidwerkzeuge erobern
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Industrielle Schneidwerkzeuge sind das nächste Feld, in dem China ausländische Hersteller überholen will – und das könnte schon bald gelingen. Ein Überblick über die aktuelle Situation.
Während europäische Unternehmen mit steigenden Stromkosten und anderen Problemen zu kämpfen haben, geht in China ein großes Unternehmen nach dem anderen an die Börse und kann seine Produktqualität und Produktionskapazität verbessern. Es ist fast eine Überraschung, dass Chinas Importe von Schneidwerkzeugen den neuesten Statistiken zufolge immer noch größer sind als seine Exporte – zumindest wertmäßig. Schließlich wird das obere Ende des chinesischen Marktes immer noch von japanischen, deutschen und schwedischen Herstellern dominiert, und zwar in dieser Reihenfolge, gefolgt von Herstellern in Israel, den USA, Südkorea, Indien und Thailand.
Doch der Trend zu dem, was in Chinas Staatsmedien als patriotisch korrekte „inländische Substitution“ ausländischer Waren durch inländische Güter gepriesen wird, schreitet voran. Aktuellen Daten der China Machine Tool Industry Association zufolge sind die Importe beschichteter Klingen im Zeitraum 2019 bis 2022 im Vergleich zum Vorjahr in etwa gleich geblieben. Es waren immer rund 800 Tonnen oder 100 Millionen Stück mit einem Gesamtwert von rund 380 Millionen Euro.
Der Durchschnittspreis für das importierte Produkt lag bei rund 3,8 Euro pro Stück. Im gleichen Zeitraum stiegen Produktion und Verkauf inländischer beschichteter Klingen („CNC-Schneidwerkzeugeinsätze“) in China von 250 Millionen auf fast 600 Millionen Einheiten. Der Preis pro Einheit betrug durchschnittlich 89 Cent. Die „Zähne der Industrie“ hätten enorme Fortschritte bei der inländischen Substitution gemacht, schreibt die chinesische Industriezeitung Zhongguo Gongye Bao stolz.
Lediglich die Tatsache, dass qualitativ hochwertige Güter nach wie vor überwiegend im Ausland hergestellt werden, hat bisher verhindert, dass sich in der Statistik die üblichen Verhältnisse umkehren. „Derzeit handelt es sich bei den meisten in China hergestellten industriellen Schneidwerkzeugen noch um Produkte im unteren Preissegment oder um Alltagsprodukte“, schreibt die Branchenzeitung.
Doch heimische Hersteller holen schnell auf, heißt es in dem Papier, und der Preisdruck durch hohe Strompreise für die europäische Konkurrenz sowie die Schwächung des dortigen Arbeitsmarktes durch die Corona-Maßnahmen seien für China nun eine historische Chance Drehen Sie den Spieß um, heißt es in dem Bericht. Was diese optimistische Analyse stützt, ist die Tatsache, dass sich die Spanne zwischen Import- und Exportpreisen für Schneidwerkzeuge in China allmählich verringert.
Der Stückpreis für beschichtete Industrieklingen ist von 2019 bis 2022 leicht gesunken, von rund 467 Euro auf rund 456 Euro. Dies entspricht einem Rückgang von 2,4 Prozent. Allerdings stieg der Stückpreis der von China exportierten beschichteten Industrieklingen im gleichen Zeitraum von rund 139 Euro auf rund 164 Euro, ein Plus von 18 Prozent. Mit anderen Worten: Chinesische Hersteller industrieller Schneidwerkzeuge arbeiten sich langsam aber sicher in der globalen Rangliste nach oben. Die Börsengänge vieler großer Unternehmen ermöglichen große Investitionen in Forschung & Entwicklung sowie die Anschaffung modernster Ausrüstung.
Ein Marktsektor, in dem dieser Trend besonders deutlich ist, sind Hartmetalleinsätze. Hier schließen chinesische Produzenten besonders schnell zu ihren ausländischen Konkurrenten auf. Laut offizieller Statistik ist der Exportwert von Hartmetalleinsätzen in den bereits genannten drei Jahren um 74 Prozent und das Exportvolumen um 50 Prozent gestiegen. „Die Kernwettbewerbsfähigkeit chinesischer Hartmetalleinsätze auf dem Weltmarkt hat sich rapide verbessert“, schreibt die Branchenzeitung.
China-Markt-Insider
Chinas größte Unternehmen für additive Fertigung
Verschiedenen Medienberichten zufolge bereiten sich die größten Schneidwerkzeughersteller Chinas in diesem Jahr auf eine Exportoffensive vor. China Tungsten, OKE, Huarui Precision und andere führende chinesische Hersteller haben sich zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr ihre Exporte ins Ausland zu steigern.
Sie tun dies mit großen Ambitionen. Ein Beispiel ist OKE. Von 2017 bis 2022 hat das Unternehmen den Exportanteil seines Umsatzes bereits mehr als verdreifacht (von rund 26 Millionen Yuan auf 107 Millionen Yuan, also rund 13,5 Millionen Euro). Das waren etwa zehn Prozent des Gesamtumsatzes. Allerdings wuchsen insbesondere die Umsätze in Europa inzwischen rasant und in diesem Jahr stünden ausländische Märkte im Fokus der Geschäftsstrategie von OKE, hieß es.
* Henrik Bork ist Geschäftsführer bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und Jigong Vogel Media Advertising in Peking.
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